Heiraten im Bayerischen Wald

Dieses Frühjahr wurde ich zu einer Hochzeit im Bayerischen Wald eingeladen. Als einige meiner Münchner Freunde sich erstaunt über den Ablauf zeigten, dachte ich, es ist mal an der Zeit aufzuschreiben, wie so eine ganz traditionelle Hochzeit im Bayerischen Wald abläuft. Die Braut war in diesem Fall Oberpfälzerin und der Bräutigam Niederbayer.

Die Einladungen zur Hochzeitsfeier erfolgen hier schon mal nicht nur in Papierform. Zumindest nicht bei der engeren Verwandtschaft. Hier tritt der Hochzeitslader in Aktion, der ist so eine Art Vorgänger vom heutigen Wedding-Planer. Er besucht nämlich, zusammen mit dem Brautpaar die Gäste, überreicht eine Einladung und schließlich wird die Einladung auch noch mit Kreide an eine Zimmertür geschrieben. Und bleibt dort auch stehen, bis die Hochzeit vorbei ist. Und nein, es wird nicht gleich wieder gegangen, sondern man sitzt noch ein bisschen zusammen und es wird auch noch ein bisschen geschnapselt, wenn denn Zeit ist.

Die Hochzeit selber beginnt früh, sehr früh. Für mich zu früh!

Um 8.30 Uhr ging es los und zwar in Gastwirtschaft Nummer 1. Dort gibt es das traditionelle Gaglhehn-Essen, das meistens aus Weißwürsten besteht. Die Hochzeitsgäste sollen schließlich eine Grundlage haben, für das was noch kommt. Braut und Bräutigam sind da nicht unbedingt dabei, im Falle dieser Hochzeit stand zeitgleich das Foto-Shooting für das Brautpaar auf dem Programm.

Um 10.00 Uhr ist dann die Trauung in der Kirche, die ca. 1 Stunde dauert. Dorthin zieht der Hochzeitszug, den die Musikkappelle und das Brautpaar anführt.

Direkt danach wird im Korso zu Gastwirtschaft Nummer 2 gefahren. Bevor es dort dann aber das Mittagessen gibt, steht noch das Ofaschüsselrennen an. Ein klassisches Wettrennen über kurze Distanz aller unverheirateten Burschen und auch Mädels (Wettbewerbsnachteil dank High-Heels) gegen den Bräutigam. Der Gewinner erhält natürlich ein Geschenk, meistens Alkohol. Dann gibt es Mittagessen, normalerweise ein 3 Gänge-Menü, das klassisch mit einer Hochzeitssuppe mit veschiedenen Einlagen startet.

Anschließend wird getanzt, die Band will beschäftig werden. Begonnen wird mit dem Eröffnungstanz des Brautpaars. Das alles moderiert übrigens wieder der Hochzeitslader, der durch den ganzen Tag führt.

Im Anschluss findet das „Schenga“ statt. Die Geschenke werden dem Brautpaar übergeben. Dafür wird man Einzeln (nahe Verwandtschaft) oder in Gruppen (ferne Verwandtschaft, Freunde, Arbeitskollegen) aufgerufen und der Hochzeitslader singt Gstanzln über den Schenkenden. Das dauert mindestens bis zum Anschneiden der Hochzeitstorte, das auch das Kuchenbuffet für den Nachmittag eröffnet.

Dann erfolgt der nahtlose Übergang in Gastwirtschaft Nummer 3. Und zwar mit dem Brautstehlen. Die Braut wird entführt, der Bräutigam muss sie auslösen, mit Wissenstest und Holzscheitl-Knien. Das sorgt natürlich für Unterhaltung und der Wein, der auf allen Tischen verteilt wird und die Partymusik sorgen schnell dafür, dass bald alle unter 35 auf den Stühlen stehen.

Erst zum Abendessen geht es wieder zurück in Gastwirtschaft Nummer 2. Dort wartet ein kalt-warmes Buffet darauf vernichtet zu werden.

Und dann wird getanzt bis um Mitternacht. Um diese Uhrzeit endet eine tradtionelle Hochzeit auch und die Musik schließt mit dem Schlusswalzer, bei dem sich alle Gäste um das Brautpaar zu einem Kreis schließen.

Während des ganzen Tages versuchen die Gäste entweder den Brautstrauß oder den Stab des Hochzeitsladers zu ergattern, denn diese Gegenstände müssen dann wieder ausgelöst werden, meistens mit Schnaps.

Die Regel ist so eine Hochzeit übrigens auch im Bayerischen Wald nicht mehr. Die meisten Hochzeiten beginnen auch hier mittlerweile nachmittags und der Hochzeitslader kommt auch nur noch sehr selten zum Einsatz.

6 Kommentare zu „Heiraten im Bayerischen Wald

  1. Haha, das hab ich alles noch nie gehört! Aber cool, wenn solche Traditionen noch gefeiert werden – auch wenn das sehr teuer klingt. Würde meinen „Hochzeitslader“ aber ungern über drei Kontinente zum Kreide-Tür-Schreiben schicken, wenn es mal so weit ist 🙂

    1. Wenn die Verwandten so weit weg sind, wird es zugegebenermaßen etwas schwierig. Und auch ansonsten ist es natürlich eine eher aufwendige Art Hochzeit zu feiern!
      Viele Grüße
      Maria

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